Vom Statussymbol zum Sündenfall

Über Jahrzehnte hinweg galt das Auto in Deutschland als das ultimative Statussymbol. Hier zeigte sich, wer sich etwas leisten konnte, wer sich etwas wert war und wer auf der Karriereleiter weiter nach oben gerückt war. Kaum ein anderes Objekt erzeugte eine solche Faszination und Anziehungskraft. Und das nicht nur bei den Erwachsenen: Kinder, insbesondere kleine Jungs, blieben ebenso auf dem Bürgersteig stehen und verdrehten sich den Hals, wenn sie gerade an einem besonders spektakulären Auto vorbeiliefen. Manch ein Medienexperte sieht die Begeisterung für das Automobil lediglich in den cleveren Marketingstrategien begründet, die die Konzerne im Laufe der Zeit entwickelt haben. Doch bei kleinen Kindern greift diese These eben nicht, warum auch sie sich davon angezogen fühlen, ist noch nicht ganz klar.

Das Auto läutete einen neuen Lebensabschnitt ein

Ein Hauch von Freiheit und Ausbruch gehörte fest zu den Attributen, die vorangegangene Generationen mit dem Auto verbanden. Mit dem Alter von achtzehn Jahren war es soweit, erst der Führerschein und dann das erste Auto. Ältere Generationen können sich noch an alle Details erinnern. Es gehörte fest zum Erwachsenwerden dazu. Die Wandlung vom Kind, das bei Mama und Papa lebt, hin zum freien Individuum, das jetzt gefühlt überall hin konnte. Es ging auf einmal raus in die Welt. Eine extrem wichtige Phase in jedem Menschenleben. Und diese Phase wurde in der Vergangenheit sehr oft und sehr fest mit dem Automobil in Verbindung gebracht, das Auto war das Ticket nach draußen. Jeder wollte sein Ticket haben.

Das Automobil wurde Stück für Stück ersetzt

Die aktuelle Generation vollzieht diesen Wandel selbstverständlich ebenso, auch sie wollen das wohlbehütete Heim verlassen und raus in die Welt. Nur eben anders. Das Auto spielt in dieser Phase des Lebens eine immer unwichtigere Rolle, die Jungen verbinden das Auto nicht mehr mit dieser Evolutionsstufe in ihrem Leben. Für sie bedeutet Reisen oder der Umzug in eine größere Stadt der Weg in die Freiheit. Reiseanbieter erkennen diesen Trend und bieten weltweit spannende Reisen für junge Erwachsene an. Dort kann man dann für mehrere Monate in einem afrikanischen Nationalpark, in der argentinischen Pampa oder im Dschungel von Costa Rica einer interessanten Tätigkeit nachgehen. Der Markt boomt. Immer mehr Anbieter überbieten sich mit regelrechten Abenteuerreisen für die jungen Erwachsenen. Aber auch Reisen in die Berge, in die Karibik oder zum Skifahren auf die Ski Lodge Engelberg sind hoch im Kurs.

Es verliert nicht nur an Bedeutung, das wäre zwar schlimm genug für die Automobilbranche, doch es kommt noch dicker. Es wird schuldig gesprochen. Schuld am Klimawandel. Schuld an der schlechten Luft. Schuld an vielen Krankheiten und Todesfällen. Das passiert, wenn die Fallhöhe groß genug geworden ist. Die aktuelle Generation emanzipiert sich von alten Gewohnheiten, Werten und Hierarchien. So ist es im Grunde immer schon gewesen, doch dieses Mal scheint es vielen besonders weh zu tun. Es nützt aber nichts, der Schnitt ist vollzogen, das Auto wird nicht mehr diese Bedeutung haben, die es einmal innehatte. Was man jetzt tun kann ist, dafür zu sorgen, dass die berechtigte Kritik umgesetzt wird und Fahrzeuge entstehen, die zumindest an nichts mehr schuld sein müssen.